RGB Fotografie  -  Reale Farben, wie sehen die aus?  

Farbige Astroaufnahmen mit monochromen CCD-Kameras und einem geeigneten Filtersatz oder single-shot CCD’s mit astrotauglichen Farbmatrizen [1] haben längst Einzug in den Amateurbereich gehalten. Das Problem farbgetreue Aufnahmen zu erhalten, ist aber ganz und gar nicht trivial und so alt wie Farbfotografie selbst. Erschwerend kommt hinzu, dass die meisten astronomischen Objekte bezüglich des Farbeindrucks für das menschliche Auge schlicht unerreichbar sind, der eigene visuelle Vergleich damit fehlt. Das menschliche Auge empfindet Objekte als weiß, bei denen die 3 Farbkomponenten rot, grün und blau gleich groß vertreten sind. Dabei liefert die Sonne, sozusagen das Weißnormal, wenn es auch physikalisch exakt, als gelb-weiß, Spektraltyp G2 mit einer Farbtemperatur von 5778 K einzustufen ist.

Das grundsätzliche Prinzip scheint simpel. Das aufzunehmende Objekt wird mit entsprechenden Filtern, separat in den 3 Spektralbereichen (RGB) aufgenommen und mit einem geeigneten Graphikprogramm im Anschluss zu einem Farbbild überlagert. Die Kunst liegt nun in der richtigen Wichtung der 3 Farbkanäle, die oft erhebliche Intensitätsunterschiede bezüglich der realen Farbkomponenten des aufgenommenen Objektes aufweisen. Ein Ausgleich erfolgt entweder durch unterschiedlich lange Belichtungszeiten oder durch nachträgliche Multiplikation der Pixelintensitäten der Teilbilder vor deren Kombination zum Farbbild.

Die Ursachen sind vielschichtig, werden sie doch durch alle Elemente des optischen und elektronischen Übertragungsweges beeinflusst.

-         Durchlassbereich der Filter, der optischen Elemente des Teleskops und des Kamerafensters

-         spektrale Empfindlichkeit des CCD-Chip

-         Luftschichtdicke und Verschmutzung der Atmosphäre (Extinktion)

-         Streulicht/Lichtverschmutzung – Farbe des Himmelshintergrundes

 

Besteht nun der Wunsch seine eigenen Farbaufnahmen zu kalibrieren, sind zwei sich ergänzende Herangehensweisen zur Bestimmung der eigenen Wichtungsfaktoren denkbar.

1.      Ermittlung des Übertragungsverhaltens der optischen, elektronischen Elemente,  der astronomischen Extinktion und theoretische Ableitung der Belichtungszeiten oder RGB-Wichtungsfaktoren.

2.      Kalibrierung an Hand eines Referenzobjektes, sonnenähnlicher Stern mit gleicher Farbtemperatur, ca. 5800K, Spektraltyp G2, was wir als annähernd weiß empfinden.

 

Durchlassbereich und spektrale Empfindlichkeit

Der größte Intensitätseinfluss wird verständlicherweise durch das Farbfilter selbst und die spektrale Empfindlichkeit unseres Photonendetektors, des CCD-Chips, bestimmt.

Für RGB-Aufnahmen verwende ich den Filtersatz von "True Technology Ltd., Woodpecker Cottage Red Lane, Aldermaston (UK)", der sich wie alle Interferenzfiltersätze durch steile, scharf begrenzte, spektrale Fenster auszeichnet und dementsprechend nur die gewünschten Farbbereiche passieren lässt. Mit einem Spektrographen wurden dann nachfolgende Transmissionskurven ermittelt (Bild 1). Neben den 3 RGB-Filtern ist noch der Durchlass-bereich des Infrarotsperrfilters (braun) dargestellt.

 

Bild 1: Transmissions R,G,B,IR-Filter, relevanter Ausschnitt UV 300nm bis nahes Infrarot 1200nm bzw. 200nm bis 2500nm


Das Verhältnis der Flächeninhalte unter den jeweiligen Kurven stellt damit eine erste gesuchte Größe dar. Die Integration erfolgte durch Addition der Transmissionswerte, der einzelnen Punke einer jeden Kurve von 190 bis 2500nm in 0.5nm Schritten.

Im Bild 2 wird nun der resultierende Zusammenhang aus den beiden Haupteinflüssen, den Durchlasskurven der Filter und der spektralen Empfindlichkeit des Siliziumchips (TC245) der Cookbook CCD-Kamera ersichtlich. Die spektrale Empfindlichkeit entstammt dem Datenblatt des Herstellers [2] und wurde von der logarithmischen in die lineare Darstellung gewandelt und einheitslos mit den Werten der Transmissionskurven R, G und B multipliziert. (IR-Sperrfilter noch nicht berücksichtigt).

Bild 2: Überlagerung der Transmissionskurven mit spektraler Empfindlichkeit des CCD‘s TC245 Bild 3: Integrale RGB-Verhältnisse und Wichtungsfaktoren R1.0-G1.7-B2.0

Es ist gut zu erkennen wie die  Empfindlichkeitskurve des CCD’s (schwarz)  die verbleibenden RGB Filteranteile/Farbfenster unterschiedlich stark beschneidet. Zu beachten ist die hohe Infrarotempfindlichkeit um 800nm, was zu einem unerwünschten Aufziehen, d.h. einem weiteren Grün- und Blaufenster, und damit zwangsläufig zu einer Farbbalanceverschiebung führt. Da die meisten Optiken für den Infrarotbereich ohnehin nicht korrigiert sind und unscharfe, "aufgeblühte" Sternscheiben zur Folge haben, ist der Einsatz eines Infrarotsperrfilters (IR) auch aus diesem Grund für RGB-Aufnahmen dringend zu empfehlen. Interessant sind hier auch die Astronomik-LRGB Filter der neuen Generation [3], die jetzt zusätzlich ein IR-Sperrfilter in jedem Farbfilter integriert haben.  Bild 3 zeigt nun die weitere Eingrenzung der Spektralfenster durch das verwendete IR-Filter von "True Technology", aber auch, was von der Gesamtintensität des Photonenstroms allein durch diese beiden Einflussgrößen - Filteranteil und CCD-Empfindlichkeit - übrig bleibt. Die Integrale unter den 3 Farbanteilen geben in einer ersten Näherung die resultierenden Wichtungsfaktoren (Wf) wieder, mit denen die Belichtungszeiten verlängert werden müssen oder gleich lange belichtete Aufnahmen vor der Überlagerung zu multiplizieren sind.

      Rot * Wfrot + Grün * Wfgrün + Blau * Wfblau = Weiß

   


Extinktion - Korrekturfaktoren

Die spektrale Dämpfung, durch die vom Zenit zum Horizont nichtlinear zunehmende Luftmassenschicht M(z), wirkt sich auf die 3 Farbbereiche unterschiedlich aus. Neben der Luftmassendicke und der Wellenlänge des Lichtes hat auch die Trübung des Himmels einen entscheidenden Einfluss auf die Extinktion. Sie ist durch die Anzahl und Größe lichtstreuender Teilchen pro Volumeneinheit bestimmt.

Bekannter Weise werden die kurzwelligeren Spektralanteile stärker gestreut und gedämpft, was uns einerseits einen blauen Himmel, aber auch das Abend- und Morgenrot beschert und als Extinktion durch Rayleigh-Streuung und Dunst-Extinktion beschrieben wird. Der funktionale Zusammenhang ist ausführlich in [4] beschrieben. In der nachfolgenden Tabelle habe  ich Extinkionswerte für  verschiedene Höhen über dem Horizont, bei einer normalen Durchsicht (b=0.1, a=1.3) berechnet. Als Wellenlängen wurden angenähert die Mitten der Spektralfenster von Bild 3 R[680nm], G[550nm], B[450nm] verwendet. Dies deckt sich annähert mit dem standardisierten astronomischen Farbsystem UBVRI [366, 440, 553, 700, 880nm].

Bild 4: Atmosphärische Dämpfung in Abhängigkeit der Zenitdistanz und Wellenlänge [7] Excelsheet download

Die Korrekturfaktoren durch Extinktion wirken sich zusätzlich auf die gewichteten Farbverhältnisse aus.   

Rot * Wfrot * Extrot          Grün * Wfgrün * Extgrün          Blau * Wfblau  * Extblau       Weiß

Im Bild 5 ist einmal der reine Einfluss durch Extinkion veranschaulicht, wie er sich auf den Eulennebel M97 auswirken würde, hätte ich ihn mit gleichen Belichtungszeiten mit unterschiedlichen Höhen über dem Horizont aufgenommen.

Bild 5:  Farbverschiebung durch Extinktion,  01.04.2002   23:51 bis 02.04. 00:59 MESZ

             Farbkomposit  R:6min G:12min B:24min mit CCD-Kamera TK1024-01 an 70cm Teleskop des AIP Potsdam

Das Streulicht aus nächtlicher Beleuchtung, welches als nur zu gut bekannte Lichtverschmutzung störend ist, bringt durch das farbige Licht der Gasentladungslampen einen weiteren Einflussfaktor hinzu. Dieser Lichtanteil addiert sich auf den Hintergrund und die Bildinformation auf und kann wohl nur experimentell ermittelt werden.

 


Farbabgleich am Referenzstern

 

Die vorangegangenen Betrachtungen haben gezeigt, dass mehrere konstante, bestimmbare Einflussfaktoren unserer Aufnahmegerätschaft, aber auch klimatisch variable Größen von Bedeutung sind. Die große Zahl möglicher Einflussfaktoren setzt Versuche voraus und sind theoretisch nicht vollständig zu beschreiben.

Eine praktikable Möglichkeit zu einem farbgetreuen Komposit zu kommen, besteht in der Kalibrierung an Hand von bekannten sonnenähnlichen G2-Sternen. Dabei werden die Pixelintensitäten im Rot-, Grün- und Blaubild des ausgewählten Referenzsterns bei einer Testaufnahme so geschickt gewichtet (* Wf), dass sie alle 3 die gleichen Pixelintensitäten aufweisen und damit als weiß dargestellt werden.

 

Oft, so auch in diesem Beispiel, stehen aber keine bekannten klassifizierten Referenzsterne im Gesichtsfeld. Hier ist entweder Vorarbeit mit einer Kalibrieraufnahme eines sonnenähnlichen Sterns mit annähernd vergleichbarer Höhe über dem Horizont (Extinktion) voranzustellen oder an Hand der (B-V) Differenz die Spektralkasse eines Sterns in der Aufnahme abzuleiten.

Die B und V Helligkeiten sind aus Guide8 [5], die entsprechende Spektralklasse der B-V Differenzen,  Sonne (B-V) = 0.65mag, sind [6] entnommen.

Bild 6: Wahl eines sonnenähnlichen Referenzsterns aus dem Sternkatalog in Guide8 

In der Beispielaufnahme des Planetarischen Nebels PK164+31.1 wurde im Gesichtsfeld der sonnenähnliche Stern A2_1425_07053824 (B-V) = 0.6 als Weißreferenz ausgewählt.

In einem ersten Bildbearbeitungsschritt müssen die Hintergrundhelligkeiten der 3 Farbbilder durch eine geeignete Offsetaddition auf ein Niveau angeglichen werden, um die wirklichen Intensitätsmaxima auszumessen.

Bild 7: Farbkorrektur Schritt 1, Nivellieren der Hintergrundhelligkeiten 

Die Multiplikation mit einem geeigneten Wichtungsfaktor Wfgrün = (10250/8500) = 1.206 hebt das grüne Intensitätsniveau auf das vom Roten. Die Hintergrundhelligkeiten müssen gegebenenfalls nachkorrigiert werden.

Bild 8: Farbkorrektur Schritt 2, Anpassen der Intensitätsmaxima der 3 Farbkomponenten 

 

Im Ergebnis dieser RGB-Farbkorrektur erscheint unser Referenzstern als weißes Objekt und der Planetarische Nebel so, wie wir ihn mit bloßem Auge sehen würden. 

Bild 9: Farbkorrektur Schritt 3, fertiges in Offset und Amplitude korrigiertes Farbkomposit

 

Auf die Beschreibung der auf dem Markt vorhandenen Bildbearbeitungssoftware konnte hier nicht mehr detailliert eingegangen werden. Der Beitrag sollte die Machbarkeit astronomischer Farbkomposite umreißen und die technischen und atmosphärischen Widrigkeiten ansprechen und vor allem eine Anregung zu eigenen Versuchen geben.

 

Links und Literatur :

[1] z.B. Sony ICX413AQ in SXV-M25

     oder KODAK KAI-2001CM CCD in ST-2000XMC

[2] TC245 datasheet Texas Instruments 

[3] Astronomik LRGB Filtersatz

[4] G.D.Roth, Handbuch für Sternfreunde, Band2, 4.Auflage, S.594

[5] B-V Helligkeiten aus Sternkatalog in Guide8

[6] G.D.Roth, Handbuch für Sternfreunde, Band1, 4.Auflage, S.387

[7] B.Thinius, Excelsheet, Extinktionstabelle  


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